Amtshaftungsrecht
Das (endgültige) Nichtbestehen einer Prüfung oder auch „nur“ die Verfehlung des angestrebten Notenziels ist für den von der (negativen) Prüfungsentscheidung betroffenen Prüfling regelmäßig mit einschneidenden Folgen verbunden.
So kann sie/er eine ihm möglicherweise bereits in Aussicht gestellte Arbeitsstelle nicht oder nur verspätet antreten und Bewerbungen auf alternative Stellen, die ebenfalls die angestrebte, aber verfehlte berufliche Qualifikation voraussetzen, sind von vornherein aussichtlos.
Der negative Ausgang der Prüfung hindert den „gescheiterten“ Prüfling also (zunächst) an der Verwirklichung ihrer/seiner (ursprünglichen) beruflichen Ziele oder erschwert ihr/ihm diese zumindest erheblich.
Dies führt regelmäßig zur – auch längerfristigen – Arbeitslosigkeit oder der Aufnahme einer minderwertigen Ersatzbeschäftigung und in der Folge regelmäßig zu ganz erheblichen Einkommenseinbußen.
Der Misserfolg in der Prüfung reicht in seinen negativen Wirkungen aber häufig über die unmittelbaren beruflichen und finanziellen Folgen hinaus in den psychischen Bereich hinein.
Viele Prüflinge treffen schlechte Nachrichten vom Prüfungsamt sehr hart. Sie fühlen sich wertlos, machen allein sich selbst für das vermeintliche Versagen in der Prüfung verantwortlich.
Zusätzlich oder stattdessen müssen sie sich ggf. gegenüber der Partnerin/dem Partner, Freunden, Bekannten oder innerhalb der Familie dafür erklären und vielleicht sogar rechtfertigen, weshalb sie das Prüfungsziel nicht erreicht haben. Dies stellt für die Betroffenen eine weitere erhebliche Belastung dar.
Bei vielen Prüflingen, die ihre Ziele nicht erreicht haben, entwickelt sich eine Depression und sie müssen sich ihretwegen in psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung begeben.
Sämtliche Folgen einer (negativen) Prüfungsentscheidung müssen selbstverständlich hingenommen werden, wenn sich diese als rechtmäßig erweist.
Im Falle ihrer erfolgreichen Anfechtung drängen sich aber aus Sicht der/des Betroffenen die Fragen auf, ob und unter welchen Voraussetzungen von wem in welchem Umfang ein Ausgleich der durch die negative Prüfungsentscheidung erlittenen Nachteile verlangt werden kann.
Prüfungsamt haftet für Fehler der Prüferinnen/Prüfer im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs
Grundsätzlich kann ein Prüfling den Ausgleich des materiellen und immateriellen Schadens verlangen, der ihr/ihm infolge einer rechtswidrigen Prüfungsentscheidung entstanden ist.
Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach ein Beamter, der vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
Die Prüferinnen und Prüfer üben, sofern das Prüfungsrechtsverhältnis nicht privatrechtlich ausgestaltet ist, eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit aus. Sie sind im Rahmen der Ausübung des Prüferamtes Beamter im haftungsrechtlichen Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Verletzt sie dabei die ihnen gegenüber dem Prüfling obliegenden Pflichten schuldhaft, indem ihnen insbesondere ein vermeidbarer Bewertungsfehler unterläuft, begehen sie eine Amtspflichtverletzung.
Erleidet der Prüfling durch diese einen materiellen oder immateriellen Schaden, kann er dessen Ausgleich verlangen, wenn er alle verwaltungsprozessualen Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft hat, um dessen Entstehung zu verhindern, und ihm auch im Übrigen kein anspruchsausschließendes Mitverschulden anzulasten ist.
Wenn alle Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs gegeben sind, sind entgegen dem Wortlaut des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB aber nicht die Prüferinnen und Prüfer Anspruchsverpflichtete.
Nach Art. 34 GG wird die Haftung auf den Staat übergeleitet, sodass etwaige Ansprüche stets gegen die jeweilige Anstellungskörperschaft zu richten sind.
(Gerichtliche) Geltendmachung und Durchsetzbarkeit des Amtshaftungsanspruchs
Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs lässt sich nach einer erfolgreichen Prüfungsanfechtung häufig ohne Weiteres schlüssig darlegen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung vorliegt, in der festgestellt worden ist, dass die Prüfungsentscheidung auf ergebniskausalen Bewertungsfehlern beruhte.
Etwaige Schadensersatzansprüche wegen einer rechtswidrigen Prüfungsentscheidung sind zunächst außergerichtlich bei der zuständigen Anstellungskörperschaft geltend zu machen.
Werden sie – wie im Regelfall – zurückgewiesen, müssen sie gerichtlich geltend gemacht werden. Zuständig für eine entsprechende Klage ist unabhängig von der Höhe des Streitwerts das örtlich zuständige Landgericht.
Die Zuständigkeit des Land- und damit eines Zivilgerichtes ist ein wesentlicher Grund dafür, weshalb es recht schwierig ist, Amtshaftungsansprüche durchzusetzen.
Während im Verwaltungsprozess nämlich der so genannte Amtsermittlungsgrundsatz gilt, ist der Zivilprozess durch den Beibringungsgrundsatz geprägt.
Das bedeutet, dass die Klägerin/der Kläger die Tatsachen, die ihren/seinen Anspruch begründen, darlegen und bei ihrem regelmäßigen Bestreiten durch den Gegner auch beweisen muss.
Dabei ergibt sich ein ganz wesentliches Problem insoweit immer wieder bei dem Nachweis der so genannten haftungsbegründenden Kausalität.
Insoweit muss die Klägerin/der Kläger darlegen und beweisen, dass bei einer bewertungsfehlerfreien Beurteilung ihrer/seiner Leistung das Bewertungsergebnis im erforderlichen Umfang besser ausgefallen wäre.
Der Prüfling ist insoweit also angehalten, in den Bewertungsspielraum der Prüferinnen und Prüfer einzudringen, obwohl ihm dies nach den prüfungsrechtlichen Grundsätzen des Öffentlichen Rechts gerade verwehrt ist.
Zudem verfügt er über kaum geeignete Beweismittel. Von den ursprünglichen Prüferinnnen/Prüfern ist schon deshalb keine Unterstützung zu erwarten, weil diese zur Vermeidung von beruflichen Nachteilen nicht daran mitwirken werden, dass ihr Dienstherr zu einer Schadensersatzzahlung verpflichtet wird.
Und bei anderen Prüferinnen/Prüfern besteht die Gefahr, dass sie aufgrund eines strengeren Bewertungsmaßstabs die Kausalität der festgestellten Bewertungsfehler verneinen.
Vielfach hilft dem Prüfling nur eine Beweislastumkehr, wobei noch nicht abschließend geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Prüfling eine solche zugutekommt.
Nicht zuletzt wird die gerichtliche Durchsetzbarkeit auch dadurch erschwert, dass es den zuständigen Richterinnen/Richtern an den Landgerichten nicht selten an den erforderlichen Kenntnissen im Prüfungsrecht fehlt, die aber nötig wären, um das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs wegen einer rechtswidrigen Prüfungsentscheidung richtig beurteilen zu können.
Kosten
Im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung etwaiger Amtshaftungsansprüche fallen zunächst „nur“ Rechtsanwaltsgebühren an.
Diese können aber, da die Schadensersatzforderung und damit der Streitwert regelmäßig recht hoch sind, schon nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beträchtlich sein.
Für die gerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzforderung fallen noch höhere Rechtsanwaltsgebühren an.
Zudem besteht vor dem Landgericht Anwaltszwang mit der Folge, dass sich auch der Gegner anwaltlich vertreten lassen muss und im Falle des Prozessverlustes auch dessen Rechtsanwaltskosten getragen werden müssen.
Hinzu kommen die Gerichtskosten.
Bei einem Streitwert von 100.000 € fallen für die außergerichtliche Vertretung und die Vertretung in 1. Instanz bei einem Prozessverlust ca. 15.000 € an.
Angesichts dieser hohen Kosten der Rechtsverfolgung kommt für die meisten von einer rechtswidrigen Prüfungsentscheidung Betroffenen die (gerichtliche) Geltendmachung etwaiger Ansprüche nur in Betracht, wenn die Kosten von der Rechtsschutzversicherung übernommen werden.
Eine Option kann daneben noch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars sein, die ich ebenfalls anbiete. Bei einer Erfolgshonorarvereinbarung fallen für die Tätigkeit des eigenen Rechtsanwalts keine Gebühren an, dem nur im Erfolgsfall ein Teil der eingeklagten Summe zusteht.