Einführung zur Studienplatzklage

Studieren ist ein Grundrecht

Studieren ist ein Grundrecht. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten NC-Urteil vom 19.12.2017 – 1 BvL 13/14, 14/14 noch einmal festgestellt.

Danach folgt aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz das Recht einer jeden Studienbewerberin/eines jeden Studienplatzbewerbers auf gleiche Teilhabe an Studienangeboten und damit auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Studium ihrer/seiner Wahl.

Wenn eine abgelehnte Studienplatzbewerberin/ein abgelehnter Studienplatzbewerber eine Verletzung dieses Rechtes rügt, hat das angerufene Verwaltungsgericht daher im Rahmen der „Studienplatzklage“ zu prüfen,

  • ob die (Fach-)Hochschule die vorhandenen Ausbildungskapazitäten tatsächlich voll ausgeschöpft hat,
  • und ob sie bei unvermeidbaren Kapazitätsbeschränkungen auf der Grundlage einer hinreichenden Rechtsgrundlage sachgerechte Auswahlkriterien festgelegt und diese den grundrechtlichen Anforderungen entsprechend angewendet hat.

Mehr Bewerberinnen und Bewerber als Studienplätze vorhanden

Seit Jahrzehnten übersteigt in vielen Studiengängen die Zahl der an der Aufnahme eines Studiums Interessierten die der zur Verfügung stehenden Studienplätze erheblich.

Davon sind schon lange nicht mehr nur die klassischerweise überlaufenen Fächer Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Pharmazie, Psychologie sowie Rechts- und Wirtschaftswissenschaften betroffen. Längst übersteigt auch schon in vielen anderen, weniger populären Studiengängen das Angebot die Nachfrage.

Ursächlich dafür ist ein infolge höherer (Fach-)Abiturientenquoten und erweiterter Zugangsmöglichkeiten gestiegener Zulauf auf die (Fach-)Hochschulen bei deren nur unwesentlich gewachsener Ausbildungskapazität.

Einführung absoluter Zulassungsbeschränkungen als Reaktion auf Nachfrageüberhang

Die (Fach-)Hochschulen reagieren auf einen (erwarteten) Überhang an Studieninteressierten seit jeher mit der Einführung von Zulassungsbeschränkungen in den betroffenen Studiengängen.

Mittlerweile ist davon im bundesweiten Durchschnitt knapp die Hälfte der Studiengänge betroffen. In manchen Bundesländern, namentlich in den Stadtstaaten, reicht die Quote sogar bis zu 70 %. Dabei sind die Bachelorstudiengänge im stärkeren Maße zulassungsbeschränkt als die Masterstudiengänge.

Im Falle des Bestehens einer Zulassungsbeschränkung wird für den Studiengang jährlich die Aufnahmekapazität ermittelt und eine konkrete Zulassungszahl festgesetzt. (Nur) diese kapazitätsbezogene Begrenzung der Zulassung (und nicht etwa der im Abitur erzielte Notendurchschnitt) wird als „Numerus Clausus“ (beschränkte Anzahl) bezeichnet.

Die Vergabe der nach den Ergebnissen der Kapazitätsermittlung in den NC-Studiengängen zur Verfügung stehenden Studienplätze an die Studienbewerberinnen und -bewerber erfolgt dann nach einem von der Hochschule selbst oder der Stiftung Hochschulstart (ehemals ZVS) durchgeführten und an den Kriterien der Zulassungsverordnung ausgerichteten Auswahlverfahren.

Maßgebliche Bedeutung insoweit hat (bisher noch) die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und die bisherige Wartezeit.

Bundesverfassungsgericht: Absolute Zugangsbeschränkungen eingeschränkt zulässig

Auch wenn eine zahlenmäßige Beschränkung des Zugangs zu einem Studiengang allein aus faktischen Zwängen erfolgt, so gerät diese gleichwohl mit dem in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verankerten Grundrecht der Berufsfreiheit in Konflikt.

Dieses garantiert nämlich unter anderem die freie Wahl der Ausbildungsstätte und damit grundsätzlich auch das Recht, den Studiengang und -ort frei zu wählen. Diese Studienwahlfreiheit ist aber nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch oder aufgrund eines Gesetzes einschränkbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat daher auch in seinem grundlegenden Numerus-Clausus-Urteil aus dem Jahre 1972 absolute Zugangsbeschränkungen für einen Studiengang im Ergebnis für verfassungsgemäß erklärt, dafür aber die folgenden Voraussetzungen aufgestellt:

Gebot der Kapazitätserschöpfung

Die Zulassungsbeschränkungen dürfen nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden.

Gebot der sachgerechten Bewerberauswahl und -verteilung

Die Auswahl und Verteilung der hochschulreifen Bewerberinnen und Bewerber muss nach sachgerechten Kriterien erfolgen. Dabei muss jeder eine echte Chance auf den Erhalt eines Studienplatzes haben und sein Ortswunsch muss nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Inner- und außerkapazitäre Studienplatzklage

Aufgrund dieser Postulate des Bundesverfassungsgerichtes lassen sich die Vergabeentscheidungen der (Fach-)Hochschulen bzw. der Stiftung Hochschulstart von zwei Seiten her angreifen.

Innerkapazitärer Vergaberechtsstreit

Zunächst einmal kann eingewendet werden, dass die Vergabe der vorhandenen Studienplätze an die Studienbewerberinnen/-bewerber nicht nach sachgerechten Kriterien erfolgt oder ansonsten fehlerhaft erfolgt sei (z.B. Ansatz einer falschen Durchschnittsnote oder Wartezeit, falsche Anwendung anderer Vergabekriterien, Nichtberücksichtigung eines Härtefalls).

Dieser Einwand kommt vor allem bei der Vergabe der zur Verfügung stehenden Masterstudienplätze zum Tragen. In diesem Fall führt die/der Studienbewerberin/-bewerber einen Streit um die Vergabe eines Studienplatzes innerhalb der von der (Fach-)Hochschule berechneten Aufnahmekapazität.

In seinem Urteil vom 19.12.2017 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Auswahl- und Verteilungspraxis der Universitäten bezogen auf den Studiengang Humanmedizin für teilweise verfassungswidrig erklärt. Dieses Urteil wird zu einigen Änderungen führen (müssen), die abzuwarten sind.

„Studienplatzklage“ – Außerkapazitärer Vergaberechtsstreit

Im Sinne des ersten Postulats des Bundesverwaltungsgerichtes kann die/der Studienbewerberin/-bewerber aber auch einwenden, dass die von der (Fach-)Hochschule angegebene Zahl der vorhandenen Studienplätze nicht der tatsächlichen Aufnahmekapazität entspricht.

Wenn ein entsprechender Antrag der/des Studienbewerberin/-bewerbers auf Zuteilung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität von der (Fach-)Hochschule abgelehnt oder über ihn gar nicht erst entschieden wird, kann bzw. muss er diesen auch beim zuständigen Verwaltungsgericht stellen.

Für dieses Vorgehen hat sich umgangssprachlich der Begriff der „Studienplatzklage“ eingebürgert. Dieser ist aber in doppelter Hinsicht unzutreffend.

Denn das Verfahren der Geltendmachung eines Zuteilungsanspruchs außerhalb der Kapazität beginnt wie dargestellt mit der Stellung eines außergerichtlichen Antrags bei der (Fach-)Hochschule.

Und wenn im Anschluss das Verwaltungsgericht eingeschaltet wird, stellt man dort primär einen Eilantrag, die (Fach-)Hochschule im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die/den Studienbewerberin/-bewerber im Wunschstudiengang zuzulassen.

Eine (zusätzliche) Klageerhebung ist nur zur Vermeidung des Eintritts der Bestandskraft eines etwaigen Ablehnungsbescheides erforderlich. In vielen Fällen muss aber gar keine Klage erhoben werden. Gleichwohl wird auch hier zur Vereinfachung von einer „Studienplatzklage“ gesprochen.

Studienplatzklage und Chancen(un-)gleichheit

Nur wenn das Verwaltungsgericht Rechtsfehler der Hochschule bei der Berechnung der Ausbildungskapazität und/oder bei der Ausgestaltung oder Durchführung des Auswahlverfahrens feststellt, kann die „Studienplatzklage“ Erfolg haben.

Es ist also nicht so, wie es häufig dargestellt oder angenommen wird, dass man sich „einfach so“ (nur) mit viel Geld seinen Studienplatz einklagen könne, und abgelehnten Bewerberinnnen und Bewerbern mit beschränkten finanziellen Mitteln diese Möglichkeit verwehrt bliebe.

Natürlich kostet eine Studienplatzklage Geld, das nicht jeder aufbringen kann. Aber diese Chancenungleichheit wird zumindest teilweise durch die Möglichkeit abgefedert, auch für eine „Studienplatzklage“ Prozesskostenhilfe beanspruchen zu können. Im Übrigen wird man es in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem akzeptieren müssen, dass sich nicht jeder jede (Rechtsdienst-)Leistung leisten kann.

Es stellt daher keine spezifische Besonderheit der „Studienplatzklage“ dar, dass diese aus finanziellen Gründen letztlich nicht jede/jeder potentiell Interessiert(e) durchführen kann.

Wenn Sie meine entsprechende Dienstleistung in Anspruch nehmen, liegt darin also sicher nichts Anstößiges.

In den weiteren Artikeln auf dieser Seite erhalten Sie Informationen zu den Kosten, dem Ablauf und den Erfolgsaussichten einer Studienplatzklage.