Erfolg vor dem OVG Münster: Prüfungsrücktritt auch bei Mitherbeiführung des Rücktrittsgrundes möglich

In einem vor dem OVG Münster anhängigen Verfahren der Beschwerde gegen einen Beschluss des VG Köln vom 12.02.2021 – 6 L 62/21 konnte ich nach dem mir heute zugegangen Senatsbeschluss einen Erfolg für meinen Mandanten erzielten.

Mein Mandant, Student der Humanmedizin, war vom zuständigen Landesprüfungsamt für Medizin nach einem coronabedingten Rücktritt von dem ursprünglich für März 2020 vorgesehenen Prüfungstermin für den September 2020 erneut zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung in dem letzten ihm zustehenden Prüfungsversuch geladen worden.

Etwa zwei Wochen vor dem Prüfungstermin unternahm er eine mehrtätige Reise nach Belgien und besuchte dort unter anderem die Stadt Brüssel. Noch an dem Tag seiner Anreise wurde Brüssel vom RKI wegen der hohen Infektionsrate zum Corona-Risikogebiet erklärt. Davon erfuhr mein Mandant aber erst nach seiner Rückkehr nach Deutschland. Nach der pflichtgemäßen Information des zuständigen Gesundheitsamtes erging gegen ihn eine Quarantäneanordnung. Eine Freitestung vor dem Prüfungtermin war wegen der überlasteten Labore nicht mehr möglich. Daher erklärte mein Mandant erneut den Rücktritt von der Prüfung.

Das Landesprüfungsamt erkannte den Rücktritt nicht an. Zwar läge wegen der Quarantäneanordnung ein wichtiger Grund vor. Mein Mandant habe diesen aber in vorwerfbarer Weise selbst herbeigeführt, weswegen er sich auf diesen nicht berufen könne. Das VG Köln, bei dem ich gegen den streitgegenständlichen Prüfungsbescheid Klage erhoben und beantragt hatte, das Landesprüfungsamt zu verpflichten, meinen Mandanten vorläufig erneut zur mündlichen Prüfung zuzulassen, folgte dieser Argumentation und wies meinen Antrag zurück.

Dagegen habe ich im Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass es bislang noch keine anerkannte prüfungsrechrliche Dogmatik gäbe, nach der die vorwerfbare Herbeiführung des Rücktrittsgrundes die Berufung auf diesen ausschließen könne. Lediglich in den Fällen des Rechtsmissbrauchs, also dann, wenn der Prüfling vorsätzlich den Rückrittsgrund herbeiführe, um sich der Prüfung und ihren Rechtswirkungen zu entziehen, sei dem Prüfling die Berufung auf den Rücktrittsgrund verwehrt.

Das OVG Münster hat im Wesentlichen mit dieser Begründung meiner Beschwerde stattgegeben und unter Abänderung des Beschlusses des VG Köln meinen Mandanten vorläufig erneut zur mündlichen Prüfung zugelassen (Bes. v. 23.03.2021 – 14 B 277/21.)